Nachdem ich im letzten Jahr keine Tour unternehmen konnte, stand für mich fest, dass ich im Sommer 2012 wieder einige Tage auf dem Reiserad verbringen wollte. Das Ziel sollte diesmal jenseits der Alpen an der Adria liegen. Hier gibt es einige Auszüge aus meinem diesmal recht sparsam geführtem Reisetagebuch über eine Transalp, die eigentlich keine war.
Tag |
Start |
Route |
Tageskilometer |
Fahrzeit |
Schnitt in km/h |
1 |
Leipzig |
Borna – Altenburg – Lengenfeld – Falkenstein – Muldenberg |
159 |
07:42:00 |
20,6 |
2 |
Muldenberg |
|
187 |
09:08:00 |
20,4 |
3 |
Schwandorf |
Burglengenfeld – Regensburg – Saal a. d. Donau – Altenkirchen |
170 |
07:41:00 |
22 |
4 |
Langenbach |
Erding – Dorfing – Wasserburg |
100 |
04:40:00 |
21,5 |
5 |
Schechen am Inn |
entlang des Inns |
130 |
05:38:00 |
23,1 |
6 |
Volders |
Alte Salzstraße – Brennerstraße – Sterzing |
101 |
05:11:00 |
19,5 |
7 |
Brixen |
auf Etschtalradweg – Trento – Roverento – Riva del Garda |
170,3 |
07:20:00 |
23,2 |
8 |
Gardasee |
Ruhetag |
30 |
01:37:00 |
18,4 |
9 |
Torri del Benaco |
Ruhetag |
– |
– |
– |
10 |
Torri del Benaco |
Padua |
212,2 |
09:20:00 |
22,7 |
11 |
Montegrotte Terme |
Dolo – Fusina |
49,3 |
02:18:00 |
21,4 |
Tag 4
Nach einem schönen Zwischenstopp in Langenbach bei der Verwandtschaft startete ich nach einem 5-Sterne-Frühstück zunächst Richtung Erding und danach weiter nach Dorfen. Da die Route über Bad Kraiburg ein größerer Umweg gewesen wäre und die B15 bis dahin fast durchgehend mit Radwegen versehen war, beschloss ich, direkt nach Wasserburg am Inn zu fahren. Den Inn-Radweg habe ich dort allerdings nicht finden können und fuhr schließlich wieder auf der Bundesstraße weiter. 15 Kilometer vor Rosenheim endete die heutige Etappe auf einem großen Zeltplatz an einem See.
Tag 6
Der heutige Sonntag war der „abwechslungsreichste“ der Tour bisher. Unter dem Groll eines Donners wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Bevor ich realisierte, dass es sich wirklich um ein aufziehendes Gewitter handelte, wurde mein Verdacht durch den einsetzenden Regen auf eine sehr dominierende Weise bestätigt. Ohne das Zelt zu verlassen, packte ich alles soweit es ging in die Taschen. Das tat ich intuitiv in der stillen Hoffnung auf eine baldige Wetterbesserung. Zumindest der Regen ließ zwischenzeitlich nach und ich konnte zu meiner großen Bergetappe aufbrechen. Zunächst radelte ich noch einige Kilometer am Inn entlang Richtung Innsbruck, ehe ich den Fluss bei Hall verließ. Von dort folgte ich dem Alten Römerweg (Salzstraße) auf östlicher Talseite Richtung Brennerpass. Immer wieder musste ich die Fahrt wegen des durchziehenden Gewitters unterbrechen.
Nach etwa einer Stunde Bergauffahrt, durchnässt von einer Mischung aus Regen und kaltem Schweiß, erreichten mich die ersten Sonnenstrahlen dieses Tages, die sich plötzlich einen Wege durch die kleinen Löcher in der Wolkendecke bahnten. Das Panorama über die sattgrünen Wiesen und die gewaltigen Felsmassive im Hintergrund war atemberaubend. Hätte ich heute morgen nur eine Sekunde an meinem Vorhaben gezweifelt und mir selbst die Frage nach dem Sinn einer solchen Tour gestellt, hier bekam die deutliche Antwort. Es folgte ein längere, Abfahrt, auf der ich alle bisher mühsam erkämpften Höhenmeter verpuffen sah. Letztendlich erreichte ich in Matrei wieder die Bundesstraße auf der westlichen Talseite. Da diese für LKWs gesperrt ist und parallel zur Autobahn verläuft, war sie nicht sehr stark frequentiert. Allerdings ist der Pass an sich nicht wirklich dieser Bezeichnung würdig. Sicher mit meinem 40-Kilo-Rad und der 105er-Übersetzung hätte es nicht viel bergiger sein dürfen, aber was die Steigungen angeht, habe ich im Erzgebirge gemeineres erlebt. Lediglich das letzte Stück am Brennersee hatte es in sich, Der Brenner als Höhepunkt des Passes ist keineswegs ein solcher auf dieser Etappe. Meine Füße habe ich schön in den Klickern gelassen und bin an der Shoppingstraße einfach nur schnell vorbeigerollt. Auf italienischer Seite führt ein super asphaltierter Radweg direkt nach Sterzing. Von da folgte ich dem Eisacktalradweg bis Brixen.
Tag 7
Die 170 Kilometer gestern haben am Abend ihre Wirkung gezeigt. Kaum geduscht, habe ich es gerade so geschafft, eine warme Suppe im Zelt zu schlürfen, ehe ich gegen um 8 eingeschlafen bin. Zur relativ flachen Etappe muss ich sagen, dass es mir selbst nach 150 Kilometern nicht sonderlich schwer gefallen ist, den kleinen „Pass“ zumGardasee zu überqueren. Ich hätte gern mal den direkten Vergleich zum ersten Tag, aber ich fühle mich deutlich spritziger. Nur meine Hände bereiten mir etwas Probleme. In der rechten fühle ich meine Fingerspitzen kaum noch und auch in der linken setzt zunehmend Taubheit ein. Meine Lenkerposition ist offenbar zu niedrig und für Langstrecken ungeeignet. Ein neuer Vorbau könnte das Problem wohl lösen.
Aber zurück zur Reise Heute lasse ich es sehr entspannt angehen. Tagesziel ist es, am Gardasee zu bleiben. Ich suche mir nur einen Zeltplatz weiter südlich, wo ich hoffentlich nicht so einen Hundeplatz wie letzte Nacht bekomme. Ende Juli ist der Gardasee von Touristen in Massen belagert.
Tag 10
Der heutige Tag war ein einziger Kampf gegen die staubige Trockenheit, die industrielle Tristesse und nicht zuletzt gegen mich selbst. Diese vorletzte Etappe war die landschaftlich hässlichste. Bei Temperaturen jenseits der 30°c- Marke und stehender Luft brannte mir der eigene Schweiß im Gesicht. Der einzige Trost war ein laut BikeLine– Karte in Padua befindlicher Zeltplatz, den ich als Tagesziel anpeilte. Als ich dann dort erschöpft ankam, erwartete mich da nichts, außer der Erkenntnis, dass auch Radkarten ihre Tücken haben. Gedankenversunken fuhr in Richtung Zentrum. Ein genaues Ziel verfolgte ich nicht. An einer roten Ampel sprach mich eine freundliche Stimme von der Seite an. Ein junger Italiener namens Giacomo bat mir aus dem Auto heraus seine Hilfe an. Er, seinerseits Tourenradfahrer, suchte mit seinem Telefon nach möglichen Zeltplätzen rund um Padua und telefonierte sogar für mich herum. Am Ende hatte ich zwei Adressen und das Angebot, im Notfall bei ihm zu übernachten! Voller neuer Kraft trat ich mit der Adresse in der Hand wieder in die Pedale. Allerdings war mir nicht bewusst, dass das Auffinden des Zeltplatzes ein echtes Problem darstellen würde. Nach einer abendlichen Irrfahrt erreichte ich mit Einbruch der Dunkelheit schließlich mein Nachtlager. Nicht nur der Akku meines Telefons war vollkommen leer. Beim Blick auf dem Tacho wusste ich, warum: „212 Tageskilometer“, stand auf dem kleinen Display.